Rechtlicher Rahmen für Regierungsbildung

Das Ergebnis der Bundestagswahl hat mehr Fragen als Antworten gebracht. Für die entscheidenden Klärungen – Regierungskoalition und die Person an der Spitze – geben das Grundgesetz und die politische Tradition Abläufe und Fristen vor.

  • Koalitionsverhandlungen: Die Gespräche der Parteien über die Bildung einer Koalition beginnen schon. Obwohl die Nachwahl in Dresden am 2. Oktober die Verteilung der Mandate noch geringfügig verändern kann, werden die Parteien mit den Gesprächen nicht warten.
  • Konstituierung des Bundestags: Bis zur ersten Sitzung des neuen Bundestags, die spätestens am 18. Oktober stattfinden muss, werden die Verhandlungen meist abgeschlossen. Meist wurde in oder bald nach der ersten Sitzung der Kanzler gewählt. Theoretisch können die Parteien die Wahl des Regierungschefs später ansetzen. Sie können auch ohne Koalitionsvertrag in die Konstituierung und die Kanzlerwahl gehen.
  • Vorschlagsrecht des Präsidenten bei der Kanzlerwahl: Wenn keine Koalition mit stabiler Mehrheit zu Stande kommt, richtet sich die Aufmerksamkeit auf die Wahl des Kanzlers. Im ersten Wahlgang hat Köhler laut Artikel 63 Grundgesetz das Vorschlagsrecht.
  • Wahlgänge und Kampfabstimmungen ums Kanzleramt: Köhlers Vorschlagsrecht gilt nur für den ersten Wahlgang. In den beiden weiteren möglichen Wahlgängen können andere Kandidaten antreten. Damit wäre auch eine Kampfabstimmung etwa zwischen Schröder und der Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel möglich.
  • Dritter Wahlgang – Schlüsselrolle Köhlers: In den ersten beiden Wahlgängen ist zur Wahl des Kanzlers die absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestags erforderlich. Wird auch im zweiten Versuch kein Kandidat gewählt, folgt unverzüglich ein dritter Wahlgang. Im dritten Gang ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhält. Sollte der- oder diejenige sogar die absolute Mehrheit erhalten, muss der Bundespräsident ihn oder sie zum Kanzler ernennen. Bei relativer Mehrheit muss der Bundespräsident ihn ernennen oder den Bundestag auflösen. (NW 20.09.2005)