Verbotener Wahlkampf der Rahdener Sozialdemokraten

1887 Verbotener Wahlkampf in Rahden
22. Juni 1887 „Verbotener Wahlkampf in Rahden“, SPD-Wahlflyer wird unter Türritze des Gutsbesitzers Bock durchgeschoben (Zeichnung: Michael Schleich Bad Oeynhausen).

Das SPD-Jubiläumsbuch der SPD Rahden steht kurz vor der Vollendung. Viele interessanten Berichte werden hier enthalten sein. Sogar vom Ende des 19. Jahrhundert werden im hier aufgezeigt und weisen auf einen verbotenen Wahlkamp der SPD in Rahden hin.

Die Rahdener Genossen waren schon in den Jahren 1874 bis 1887 sehr aktiv im Wahlkampf. Trotz Verbots machten Sie Werbung für die Sozialdemokratische Bewegung im Rahdener Land.

Aufgrund des § 11 und 12 des Reichsgesetzes gegen gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 ist das von J. H. W. Dietz in Stuttgart herausgebrachte, gedruckte und verlegte Flugblatt: „An die Wähler des Reichstagswahlkreises Minden-Lübbecke“ unterzeichnet: „Im September 1884.“ „Die Vertretung der Deutschen Sozialdemokratie.“ Durch die Königliche Regierung in Minden verboten worden.

Die Rahdener Sozialdemokraten beachteten dieses Verbot einfach nicht und versuchten die verbotenen Wahlaufrufe in Rahden zu verbreiten. So wurde am 22. Juni 1887 in den hiesigen Zeitungen der Rahdener Großgrundbesitzer Bock wie folgt zitiert: „Vergangene Nacht haben die hiesigen Sozialdemokraten wieder eine umfangreiche Tätigkeit entfaltet; denn fast in oder vor jedem Hause waren Flugschriften „An die Wähler Deutschlands“ niedergelegt worden. Die Schrift ist ziemlich umfangreich und umfasst 16 Seiten, was jedenfalls das Beste an dem Geschreibsel ist; dann 16 Seiten voll Unsinn zu lesen wird wohl so leicht keinen vernünftigen Menschen einfallen.

Die Sozialdemokraten in unserem Orts beachten dieses Verbot einfach nicht und versuchten die verbotenen Wahlaufrufe zu verbreiten. Bock: „So fanden wir heute Morgen in unserer Hausflur einen solchen Wahlaufruf, der zwischen 6 und 7 Uhr durch die Ritze unter der Haustüre geschoben worden war.“

Dieser Vorfall ereignete sich damals an der Eingangstür des heutigen Rahdener Altenheimes „Schloss Rahden“. Der Gutsbesitzer Adalbert Bock ließ im Jahre 1875 das heutige „Schloss Rahden” erbauen, welches nach etwa 100-jähriger Nutzung als Herrenhaus der Familie Bock 1960 in den gegenwärtigen Senioren-Ruhesitz umgewandelt wurde. Somit ist mit der noch erhaltenen Originaleingangstür des Altenheimes ein Stück Geschichte der Rahdener SPD verbunden. Der verbotene Wahlkampf ist durch eine Zeichnung des Bad Oeynhauseners Michael Schleich wieder lebendig geworden.