VON REINHARD GÜNNEWIG (NW): Kreis Minden-Lübbecke. Die Stimmen waren ausgezählt, der Personal- und Parteiwechsel an der Spitze der Kreisverwaltung besiegelt, da begannen bereits die Überlegungen über die künftige weitere Machtverteilung in der Führungsetage an der Portastraße. Denn nach dem Sprung von SPD-Mann Ralf Niermann auf den Chefsessel drängt die CDU auf eine angemessene Vertretung ihrer Partei in verantwortlicher Funktion. Und das könnte weitere Personalveränderungen zur Folge haben.
Hartmut Heinen selbst hatte die Diskussionen beflügelt. Vor dem ersten Wahlgang am 13. Mai hatte der gemeinsame Landratskandidat von CDU, FWG und FDP offen – und zur Verärgerung mancher Parteifreunde und führender Vertreter in den unterstützenden Parteien – das Ende von Cornelia Schöder (SPD) im Amt der Kreisidirektorin vorhergesagt, wenn Dr. Ralf Niermann die Landratswahl gewinne: „Die einzige Chance für die Kreisdirektorin, ihr Amt zu behalten, ist mein Wahlsieg. Das ist politische Logik“, so der 39-Jährige.
„Diese Aussage hat bei uns nur Kopfschütteln ausgelöst“, so ein Spitzen-Liberaler. Viele Mitglieder hätten sich gefragt, ob man jetzt noch für Hartmut Heinen kämpfen solle. „Ich weiß nicht, ob dieser Satz klug war“, ging auch Friedrich Klanke vorsichtig auf Distanz.
Der CDU-Fraktionschef hatte zwar ebenfalls im Fall der Wahl des SPD-Landratskandidaten den Anspruch der CDU auf eine Vertretung an der Spitze der Kreisverwaltung angemeldet, aber zugleich die hohe Qualifikation von Cornelia Schöder betont. Sie sollte für den Kreis weiter zur Verfügung stehen, auch wenn sie nicht Kreisdirektorin bleibe. „Wir werden überlegen, wie wir uns jetzt positionieren“, so Klanke. Die CDU als stärkste Fraktion im Kreis müsse an führender Stelle vertreten sein. Schöders achtjährige Dienstzeit endet zudem am 30. Juni dieses Jahres.
Nach Informationen der NW gibt es Überlegungen, Sozialdemokratin Schöder von Wahlverlierer Heinen (CDU) ablösen zu lassen. Heinen wäre dann als Kreisdirektor allgemeiner Vertreter des Landrats und zweiter Mann in der Kreisverwaltung. Offen ist aber, ob Heinen selbst, mit dem Dr. Niermann in den ersten Tagen nach seinem Amtsantritt ein Personalgespräch führen will, dieses Amt übernehmen möchte. Schöder wiederum, so das Modell, könne im Gegenzug zur Kliniken im Mühlenkreis AöR wechseln.
Erledigt scheinen dagegen derzeit Gedanken, die Kreisdirektorin durch Kai Abruszat (FDP) zu ersetzen. Der Jurist ist derzeit als Beigeordneter in Porta Westfalica tätig. Vor wenigen Jahren war ihm vorgeworfen worden, Mitarbeiterinnen im Rathaus belästigt zu haben. „Der ist verbrannt“, so ein Mitglied der CDU-Führungsgremien im Kreis über den 37-Jährigen. Dennoch könnte der Wahlbeamte in die Kreisverwaltung einrücken – und zwar als Nachfolger von Rechtsdezernent Günter Pudenz, der in die passive Phase seiner Altersteilzeit eingetreten ist.
Neben den absehbaren personellen Veränderungen im Kreishaus waren die niedrige Wahlbeteiligung und die Verluste der CDU bei der Stichwahl die heiß diskutierten Themen.
„Beschämend niedrig“ nannte der Landratskandidat von Bündnis ’90/Die Grünen, Bernhard Dierdorf, und die Bundestagsabgeordnete der Partei für Minden-Lübbecke, Ute Koczy, dass lediglich gut 27 Prozent der Wahlberechtigten am Sonntag ihre Stimme abgaben. Ähnlich äußerten sich Vertreter der anderen politischen Gruppierungen.
Die CDU dürften neben der Wahlniederlage die Verluste gegenüber der Landratswahl von September 2004 Sorgen bereiten. Denn in allen elf Kommunen des Mühlenkreises büßten die Christdemokraten an Zustimmung ein – von minus 1,12 Prozent in Stemwede bis zu 20,07 Prozent in Petershagen.