Eisenbahnstraße: Gericht kippt Bebauungsplan

Gestern haben sie sich in Münster getroffen. Der eine wird das in guter Erinnerung behalten, der andere eher weniger. Sie trafen sich am Ädigiikirchplatz, im Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen. Die Stadt Rahden hat dabei eine schwere Schlappe einstecken müssen.

Der siebte Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) hat sich gestern mit dem Aktenzeichen 7D29/07 befasst – dem Normenkontrollverfahren, das die Bauträgergesellschaft Fortriede OHG wegen des Bebauungsplanes „Alter Markt/Nördliches Ahlfeld“ gegen die Stadt Rahden angestrengt hatte.

Die Gesellschaft will an der Eisenbahnstraße einen Lidl-Markt errichten, die Stadt lehnt das wegen der aus ihrer Sicht zu erwartenden negativen Folgen für die Innenstadt ab, wenn dort ein Nebenzentrum entstünde. Dagegen wehrt sich Architekt Werner Fortriede als Vertreter der Bauträgergesellschaft.

Ist die Entscheidung des Rates richtig? Nein, urteilte der siebte Senat. Der Bebauungsplan wurde für unwirksam erklärt. Die Bestimmungen seien rechtswidrig, weil sie aus Sicht der Richter nicht mit der „faktischen Nutzung“ des Gebiets übereinstimmten. Die Festsetzungen des Bebauungsplanes würden nahezu alles ausschließen, was in einem Gewerbegebiet machbar wäre und angesiedelt werden könnte, sagte OVG-Sprecher Dr. Ulrich Lau.

Zentrums- und einzelhandelsrelevantes Sortiment werde laut Plan einerseits ausgeschlossen, während andererseits in unmittelbarer Nähe ein Geschäft für Heimdekor, ein Aldi-Markt und ein Getränkemarkt zugelassen seien. Angesichts der Baupläne für einen weiteren Discounter habe die Stadt mit ihrem Bebauungsplan wohl die Reißleine gezogen, sagte Dr. Ulrich Lau.

Laut Bebauungsplan sei ein Discounter mit maximal 700 Quadratmeter Verkaufsfläche zulässig, ebenso wie ein 600 Quadratmeter großer Getränkemarkt. Mal werde also Gewerbe in bestimmter Zahl und Größe zugelassen, in einem anderen Fall jedoch wieder grundsätzlich untersagt, erklärte Richter Lau. Das sei ein „totales Durcheinander“, meinte der OVG-Sprecher und sprach in diesem Zusammenhang von einer „Lex Aldi“. Das aber gehe nicht, dafür gebe es keine Rechtsgrundlage.

Die Stadt Rahden habe sich bei der Bauleitplanung für diesen Bereich offenbar auf das GMA-Gutachten verlassen und es übernommen. Lau: „Und sie ist hereingefallen.“

Eine Revision gegen das Urteil hat der siebte Senat nach Angaben Laus nicht zugelassen. Die Stadt Rahden habe aber die Möglichkeit, beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig eine so genannte „Nicht-Zulassungsbeschwerde“ einzureichen.

„Der Bebauungsplan ist für unwirksam erklärt worden, der ist null und nichtig“, sagte gestern Werner Fortriede. Er habe Bürgermeister Bernd Hachmann nach dem Richterspruch sofort Gesprächsbereitschaft angekündigt. Ob er jetzt – wie schon einmal beantragt – einen Lidl-Markt an der Eisenbahnstraße errichten wolle, dazu wollte sich Fortriede gestern gegenüber der NW nicht äußern. Er müsse die Reaktion der Stadt abwarten. Auf eine ähnliche Version zog sich Bodo Konway, Immobilienleiter bei Lidl, zurück.

Aufeinander zugehen ist die Devise von Dieter Drunagel, Bauamtsleiter der Stadt Rahden. „Wir sollten die schriftliche Begründung des Oberwaltungsgerichts abwarten und dann die Situation gemeinsam erörtern“, sagte Drunagel gestern auf NW-Nachfrage. Bürgermeister Bernd Hachmann, der ebenso wie Drunagel an der Verhandlung in Münster teilnahm, war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Günter Meyer (SPD), dessen Fraktion für eine Ansiedlung des Lidl an der Eisenbahnstraße gestimmt hatte, sprach sich ebenfalls dafür aus, einen Kompromiss für beide Seiten zu suchen. „Es wäre schade, wenn die Infrastruktur in Rahden leiden würde“, sagte Meyer.

Der Discounter Lidl hatte angekündigt, den Standort Rahden ersatzlos zu streichen, falls eine Ansiedlung an der Eisenbahnstraße scheitern sollte. Der jetzige Standort an Weher Straße/ Gartenstraße sei für notwendige Erweiterungen nicht geeignet, hatte Lidl entsprechende planerische Angebote von Seiten der Stadt abgelehnt.

Architekt Fortriede hatte dagegen der Stadt ein umfassendes Nutzungskonzept für den Bereich Weher Straße/Gartenstraße mit der Ansiedlung von Penny, Müller sowie Fachgeschäften mit Kinderbekleidung und einem Kinderspielwarenladen unterbreitet. Wegen angeblich fehlender verbindlicher Unterschriften lehnte der Rat dies mit Stimmenmehrheit ab.