Exzellent für das Schienennetz

Wildwuchs: Gras wächst auf den Gleisen im Sulinger Bahnhof. Vom früheren Stellwerk Sulingen-Nord (r.) wurde auch den Zügen von Bremen nach Rahden die Wichen gestellt. Heute sind in diesem Bereich Güterwaggons abgestellt. FOTOS: JOERN SPREEN-LEDEBUR
Wildwuchs: Gras wächst auf den Gleisen im Sulinger Bahnhof. Vom früheren Stellwerk Sulingen-Nord (r.) wurde auch den Zügen von Bremen nach Rahden die Wichen gestellt. Heute sind in diesem Bereich Güterwaggons abgestellt. FOTOS: JOERN SPREEN-LEDEBUR
Starke westfälische Präsenz: Auch zahlreiche Vertreter von Verwaltungen und Ratsmitglieder aus dem Lübbecker Land waren nach Sulingen gekommen. Auf dem Foto fehlt Hans-Heinrich Bunke aus Lübbecke.
Starke westfälische Präsenz: Auch zahlreiche Vertreter von Verwaltungen und Ratsmitglieder aus dem Lübbecker Land waren nach Sulingen gekommen. Auf dem Foto fehlt Hans-Heinrich Bunke aus Lübbecke.

VON JOERN SPREEN-LEDEBUR

Rahden/Sulingen. An manchen Stellen sind die Gleise kaum mehr zu erkennen. Die Natur hat die Bahntrasse zurück erobert. Für die Bahnlinie von Rahden nach Bremen ist es 5 vor 12, meinen einige. Deshalb setzen Bürger auf den Erhalt der Trasse – und wissen eine Vielzahl von guten Argumenten auf ihrer Seite.

Mittlerweile haben sich Bürger aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen zu einem Aktionsbündnis für die Bahnlinie von Bünde nach Bassum (und Bremen) zusammen geschlossen. Das Komitee und der Landesverband Niedersachsen des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) haben jetzt in Sulingen das weitere Vorgehen vorgestellt. An der Tagung haben auch zahlreiche Gäste aus dem Lübbecker Land teilgenommen. Ein Großteil der Vertreter aus den niedersächsischen Anrainer-Kommunen glänzte jedoch durch Abwesenheit.

Wenn attraktiver Personenverkehr auf der Schiene angeboten wird, dann wird der auch genutzt, meinte VCD-Landesvorsitzender Michael Frömming. Auf den Metronom-Linien seien die Fahrgastzahlen zwischen 2003 und 2007 um 60 Prozent gestiegen, auf den Strecken der Nordwestbahn seit 2000 sogar um 130 Prozent.

Schnelle Schienen-Anbindungen seien angesichts der steigenden Benzinpreise Investitionen in die Zukunft, sagte Frömming. Zudem sei die Schiene angesichts der überlasteten Straßen auch ein wichtiger Standort-Faktor für Unternehmen.

Frömming erinnerte während der Tagung an die Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, die dringend den Erhalt des Sulinger Kreuzes für den Hinterlandverkehr aus den Seehäfen empfiehlt. Darauf habe auch Peter Wyderka aus dem niedersächsischen Wirtschaftsministerium während eines Bahnkongresses in Hannover hingewiesen. Das Ministerium war Auftraggeber der Studie. Es gebe jetzt ein Interesse des Landes am Erhalt der Trasse. Vor dem Hintergrund der Kapazitäten für den Güter- und den Personenverkehr müsse die Trasse erhalten werden, forderte nicht nur Michael Frömming.

Kurzfristig werde eine Wiederbelebung nicht machbar sein, sagte Dr. Carla Eickmann vom Institut für Verkehrssystemtechnik des deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Eickmann war Projektleiterin für die Studie, die sich mit den Ausweichmöglichkeiten für den Güterverkehr aus den Seehäfen befasst. Die Strecke von Bünde über Rahden und Bassum in Richtung Bremen habe „eine exzellente Netzwirkung“, sagte sie.

Viele Bürgermeister an der Trasse wüssten offenbar gar nicht, welche Bedeutung auch der künftige Jade-Weser-Port habe, machte ein Besucher seinem Unmut Luft.

Güter- und Personenverkehr halten Frömming und die Mitglieder des Aktionskomitees auf der Strecke von Rahden nach Bremen für machbar. Ungemach wähnen sie allerdings aus Niedersachsen und von der Deutschen Bahn AG. Wer die Trasse erhalten wolle, der müsse auf die Bahn AG einwirken, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Rolf Kramer. Die Infrastruktur dürfe nicht verschleudert werden – aber gerade das stehe nun zu befürchten.

„Die Stadt Sulingen ist derzeit die Gefahr“, sagte Alfons Beckmann vom Aktionskomitee. Nicht die Bahn AG plane die Südschleife, auf der Güterzüge aus Barenburg südlich von Sulingen vorbei nach Diepholz fahren sollten (die NW berichtete). Das sei eine Planung der Stadt Sulingen.

Die widersprach gestern übrigens auf NW-Anfrage Darstellungen, die Gleise im Bahnhofsbereich herausreißen zu wollen. Das wolle man nicht, und man betreibe auch keine Entwidmung, sagte Stadtplaner Eckhard Sebode.

Die westfälischen Kommunen stünden hinter der Wiederbelebung, sagte auch Hartmut Stickan aus Espelkamp. Das Land Niedersachsen müsse nun sagen, ob es die Bahn wolle oder nicht. Auch die Politik vor Ort müsse sagen, was sie wolle.

Potenzial für die Bahnstrecke sieht auch Markus Fuhrmann, Mitbegründer der Mittelweserbahn – und betrachtet sie ebenso wie das Aktionskomitee als direkte Verbindung zwischen den Oberzentren Bielefeld und Bremen. Fuhrmann. „Eine klasse Geschichte, da kriegen wir was hin.“ Man müsse sich aber auch Gedanken machen, wie man bei der Wiederaufnahme von Personenverkehr auch den Güterverkehr berücksichtige. Ausweichgleise an der Strecke, die ja auch für den Güterverkehr berücksichtigt werden solle, seien schließlich abgebaut worden. Politiker würden ja Wählerstimmen sehen. „Aber eine Kiste, die in einem Güterwaggon fährt, ist ja keine Wählerstimme“, so Fuhrmann.

© 2009 Neue Westfälische
Zeitung für den Altkreis Lübbecke, Freitag 26. Juni 2009