Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Viele Kommunen im Land Nordrhein-Westfalen stehen mit dem Rücken zur Wand. Die wenigsten schaffen einen ausgeglichenen Haushalt. Auch Stemwede und Rahden können ein Lied von Finanzproblemen singen. Und Rahden hat zudem noch den Abzug von zwei Gewerbesteuerzahlern Richtung Diepenau zu verkraften – Niedersachsen hat niedrigere Gewerbesteuern.
Trotzdem waren die Gewerbesteuereinnahmen in der „Referenzperiode“ (2. Halbjahr 2009 und 1. Halbjahr 2010) überraschend hoch. Das schlägt sich für die Stadt nun in drastisch gesunkenen Schlüsselzuweisungen nieder. Ein für alle Gemeinden, vor allem die großen Städte, in den letzten Jahren gestiegener Anteil von Soziallasten, die sogenannte Grundsicherung, tut ein Übriges.
Das Land NRW möchte sie deutlich höher gewichten als bisher. Die Schlüsselzuweisungen sollen die Lücke zwischen eigener Steuerkraft und unabweisbarem Bedarf einer Gemeinde schließen helfen. So kann sich zumeist auch eine finanzschwache Gemeinde über Wasser halten. Das Gemeindefinanzierungsgesetz regelt den Finanzausgleich der Kommunen, das heißt, sie werden anteilig am Steueranteil des Landes beteiligt. Noch steht nicht fest, wie viel Geld für Stemwede und Rahden fließen wird; denn der Gesetzentwurf ist noch nicht einmal in den Landtag eingebracht.
Für Wirbel unter den Kommunalpolitikern aller Fraktionen hat jetzt eine vom Städte- und Gemeindebund veröffentlichte Modellrechnung gesorgt, in der es um eben diesen Finanzausgleich geht – offensichtlich kommt der ländliche Raum in dieser Berechnung nicht gut davon. „Es wurde eine Modellrechnung veröffentlich, ohne dass eine Diskussion im Vorfeld stattgefunden hat“, so die heimische SPD-Landtagsabgeordnete Inge Howe (Porta Westfalica) und ihr Kollege Christian Dahms (Herford). Um die SPD Mandatsträger im Kreis Minden-Lübbecke umfassend über den Diskussionsstand bezüglich des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) aufzuklären, fand jetzt eine kreisweite Tagung in Minden-Dützen statt.
Für Ungenauigkeiten und Verwerfungen im finanziellen Beziehungsgeflecht von Land, Städten und Gemeinden sorgt offensichtlich der Umstand, dass Geld auf einer veralteten Berechnungsgrundlage verteilt wird. Die letzte Grunddatenanpassung ist im Rahmen des GFG 2003 erfolgt, turnusmäßig hätte sie bereits mit dem GFG 2008 erfolgen müssen. „Diese von schwarz-gelb verschleppte Maßnahme holen wir jetzt nach“, so Christian Dahms. Für 2011 ist eine vorläufige Lösung in Arbeit. Das jedoch hält Friedrich Schepsmeier, SPD-Fraktionsvorsitzender im Rahdener Stadtrat und ehemaliger Landtagsabgeordneter für keine gute Lösung: „2011 alles vernünftig und ausgewogen diskutieren und dann für 2012 eine wasserdichte Lösung finden, die kein Gericht anfechten kann. Solange sollten die Grunddaten von 2010 genommen werden.“ Für eine Neufassung des GFG regte Schepsmeier auch die Berücksichtigung eines Flächenansatzes und unterschiedliche fiktive Hebesätze für Großstädte und kleinere Gemeinden an.
Howe sieht dafür aber wenig Chancen, denn zahlreiche Gemeinden, die von Sozialleistungstransfers betroffen sind, klagen schon gegen die Pläne. Tatsache ist jedoch, dass mit knapp acht Milliarden Euro die zweithöchste Summe seitens des Landes verteilt wird, die je gezahlt worden ist. 323 Millionen Euro beträgt die Steigerung gegenüber dem Vorjahr. Geht es nach dem Koalitionsvertrag zwischen Rot und Grün und dem Gesetzentwurf, sollen sich die Kommunen nicht mehr an der Sanierung des Landeshaushaltes beteiligen müssen. Nach Howes Darstellung wurden die Gemeinden unter schwarz-gelb hierzu in Milliarden-Höhe herangezogen. Eine gemeinsame Forderung haben Kommunal- und Landespolitiker verschiedener Fraktionen: Der Bund solle sich stärker an der Finanzierung von Sozialleistungen beteiligen.
© 2011 Neue Westfälische
Zeitung für den Altkreis Lübbecke, Mittwoch 16. Februar 2011