SPD Rahden zurück zu alter Stärke

Nach der Wahl ist vor der (Landtags) Wahl 

In Rahden tanzen plötzlich die Verhältnisse

Seit 1973 gibt es die Stadt Rahden in ihren heutigen Grenzen. Und über die gesamte Zeit galt unsere Stadt als feste Burg der CDU. SPD, FDP und Grüne hatten hier nur sehr eingeschränkt zu melden. Noch vor einem Jahr errang die Union bei den Kommunalwahlen die absolute Mehrheit: Alle 17 Direktmandate und 53,8 % aller Stimmen für den Rat (SPD 18 %, Grüne 11,7 %, FDP 9 %); und Bürgermeister wurde Dr. Bert Honsel mit über 70 Prozent. Diese absolute Macht wurde in den letzten Monaten nach dem Motto „Mia san mia“ genussvoll zelebriert. 

Und nun? Zum Deutschen Bundestag gaben am 26. September immerhin noch 34,8% Dr. Vogt (CDU) ihre Stimme, mir 32% lag Achim Post (SPD) dichtauf, Herr Schäffler (FDP) mit 9,3% und Frau Gambir (Grüne) mit 8,5% erzielten achtbare Ergebnisse. Bei den entscheidenden Zweitstimmen für Partei und Kanzlerkandidat entfielen nur 31,6 % (minus 22,2% gegenüber Kommunalwahl) auf die CDU, die SPD erzielte 26,5% (plus 8,5%), die FDP erreichte 12,9%, die Grünen 11,4%.  Das „Loch“ zwischen CDU und SPD schrumpfte von 35,8% in 2020 auf schlappe 4,8% in 2021.

In einigen Ortsteilen liegt die SPD vor der CDU

Hinzu kommt, dass die SPD erstmals seit langer Zeit eine Mehrheit in allen vier Innenstadt-Bezirken sowie in Wehe-Dorf, Kleinendorf-West und –Süd und in einem der zwei Briefwahlbezirke errang. 

Wahlkampfstand am Glindower Platz

Auch der übliche Vergleich mit der Bundestagswahl 2017 fällt für die CDU nicht viel schmeichelhafter aus:   Sie fiel bei den Zweitstimmen um 10,4 Punkte von 42,05 auf 31,6%, die SPD gewann um 5,7 % gegenüber 2017 hinzu. Beides ist deutlicher als die Tendenz im Bund, im Land und im Kreis. Wenn also das Wahlergebnis im Bund ein Desaster war, so war es in Rahden eine katastrophale Abstrafung. Gegenüber den Europa-Wahlen 2019 fiel die CDU um 6,9%, die SPD gewann um 11,7%. Auch das ist eindeutig. 

Nun stehen im Mai 2022 die Wahlen zum Landtag NRW an, auf die Bianca Winkelmann und ihre Mannschaft mit gewisser Sorge blicken dürften. Im Mai 2017 holte die CDU mit dem damaligen Strahlemann Armin Laschet 47,03% der Zweitstimmen – das sind immerhin 15,4%  mehr als im September 2019 mit dem gleichen Spitzenkandidaten. Die SPD kam mit der damaligen Minister-präsidentin Hannelore Kraft auf respektable 26,5 % – genauso hoch wie jetzt. Der damalige Rahdener Vorsprung bei den Erststimmen (fast 61% gegen 23,9%) war ein zentraler Baustein für den Gewinn des Wahlkreises durch die CDU. Dieses Polster ist jetzt fast vollständig weg. 

CDU erhält etwas auf die „dicke Hose“

Die „dicke Hose“ der Rahdener CDU hat sich deutlich nicht ausgezahlt, sie hat deftig auf selbige gekriegt. Und die SPD ist plötzlich fast auf gleicher Höhe, mit mehr Selbstbewusstsein und Staunen über den eigenen Erfolg. Grüne und FDP wurden als mittelgroße Parteien bestätigt. Und leider fischt auch die AfD weiterhin in den etwas trüberen Rahdener Gewässern. Zwar sackte sie im Stadtgebiet gegenüber 2017 etwas (um 0,9%) ab, schnitt aber besser  als bei den anderen Vergleichswahlen ab. Ihre Erfolge in Teilen Kleinendorfs und in mehreren Ortschaften müssen jeden Demokraten besorgt machen. 

Wenn Sachargumente nicht zählen

In Rahden sind die Verhältnisse also zum Tanzen gekommen. Falls es in Berlin – nach dem eindeutigen Wählerwunsch – zu einer „Ampel“ mit SPD, Grünen und FDP und einem Kanzler Olaf Scholz kommen und damit die CDU in noch hemmungslosere interne Machtkämpfe verstrickt werden sollte – dann dürfte noch mehr in Bewegung kommen.

Bienenkonvent in Wehe-Barl

 

Die Gewinner vom 26.9. könnten  auch kommunal enger und zielbewusster kooperieren, in der Union könnten die Gräben zwischen „Laschetianern“, Merz-Fans und Söder-Anhängern eher tiefer werden. Mehrheitsentscheidungen im Rat (wie zuletzt von CDU und AfD) gegen ein grünes Dach auf der neuen Schule, wären dann weniger vorbestimmt, gesunde  demokratische Konkurrenz sollte wachsen – und damit vernünftige Kompromisse zum Nutzen der Stadt und ihrer Bürger gesichert werden. E kann spannend werden in Rahden. 

Torsten Kuhlmann
SPD-Stadtverband